Da schippere ich nun mit der Fähre von Helsinki nach Tallinn und erfreue mich daran, dass ich trocken sitze es aber kalt ist wie Sau auf der Fähre, oder soll ich es lieber das Partyboot nennen. Es gibt 5 Kneipen, 2 Supermärkte und ein zweistöckiges Entertainmenttheater mit Bühne und Livemusik.
In eben jenem Theater habe ich an Rand Quartier bezogen, denn ich bin nicht auf Sauftour sonder überquere nur das Meer. Das ist bei 99% der anderen Mitreisenden nicht unbedingt der Fall. Hier geht es um Auftanken (nein ich meine nicht Sonne, die es eh nicht geben würde), sondern Vodka und Bier. Ich bin entsetzt, bei der Kürze der Zeit, wie viel man "tanken" kann. Manch einer hat da meine Lebensration an Vodka intus. Ich vermute, dass ich schon bei einem 1/10 davon jämmerlich an Alkoholvergiftung sterben würde. Aber gut, Finnen und Esten sind trinkfest. Das weis man. Also schaue ich weiter dem Treiben zu. Alles sind fröhlich und trinken munter und entschlossen weiter. Jeder der an mir vorbeigeht stolpert über die Bodenwelle im Teppich, was ab einem gewissen Punkt recht lustig ist anzusehen. Ich muss nur ab und zu mal vorsorglich in Deckung gehen, wenn jemand mit vollem Glas vorbeiwankt. Die See liegt still und die Gäste sind entspannt. Ich meinerseits muss mal ums Eck, will aber weder meinen guten Beobachtungsposten aufgeben noch mein Gepäck mitschleppen. Also frage ich einfach mal die Nachbarschaft. Ich vermute zwei Ehepaare, eins älter eins jünger. Die Damen sind vom Shopping zurück und die Herren haben den x-ten cuba libre drin. Man trinkt schnell und viel, denn die Überfahrt ist keine Atlantiküberquerung.
Also frage ich auf englisch ob man kurz mal auf mein Gepäck ein Auge haben kann. Drei der vier schauen mit unverstanden an, der 4 jedoch antwortet auf lustigem Englisch: "Ja, klar" kein Problem, geh nur.
Wie sich später herausstellt heißt er Andre und die Dame zur Rechten ist die Freundin und das ältere Paar seine Eltern. Man ist auf dem Boot zum feiern und trinken, Auch ich kommen jetzt nicht umhin, mit einzusteigen beim Cuba libre. Nachdem meine Nationalität geklärt ist kommt man ohne Umwege auf die Frage, was ich von Putin halte. Es sind im übrigen Esten ohne russische Verwandtschaft. Ich halte mich in jeglicher Aussage zurück, frage aber viel über das Land und das Verhältnis zu Russland und der Russischen Minderheit zu Estland, Europa und Russland. Man sagt mir, dass man schon mulmige Gefühle hat, aber froh ist in der Nato zu sein.
Andre selbst hat in Irland, Wexford gelebt und gearbeietet und macht jetzt in "Car business" und ist oft in Deutschland. Er fährt die Strecke Tallin - Berlin in einem Rutsch mit viel Red Bull. Nebenbei er wiegt schlappe 160 kg. Früher war er mal schlanker meinte er.
Im übrigen mögen sie in der Familie die Deutschen. Ihr Opa - jetzt kommts - war in der Waffen-SS und hat für die Unabhänigkeit Estlands gekämpft. Man war kein Faschist (ach nee war niemand... is schon klar) und der Kampf der SS-Mitglieder aus Estland wurde total missverstanden. Ach Schreck, wo bin ich da jetzt reingeraten. Als Deutscher zuckt man ja sofort zusammen. Aber gut, da musst du durch. Profil zeigen oder womöglich von Schiff geworfen werden. Also lasse ich das Gewäsch - man ist zusehends betrunken (also ich nicht) und beginnt wirr zu reden. Der Opa lebt noch und ist 93, sass aber sehr lange bei dem Russen im Gefängnis. Gut wenn man weis was die SS-Gruppe Wicking alles so angestellt hat, dann ist das kein Wunder.
Aber Zurück zu Russland. Die Esten (die ohne Russische Wurzeln) fühlen sich doch sehr bedroht und können die eigenen Landsleute nicht so recht ein schätzen. Ich fragte wo schlägt das Herz bei der Minderheit. Man weis es nicht so genau. Ok ich schiebe es mal auf den Alkohol zurück.
Verlassen des Hafens von Tallin
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